Wir können es uns schon lange nicht mehr leisten, so zu bauen, wie wir das aktuell tun.

Die Ressourcenverschwendung ist gigantisch, viele Baustoffe belasten Natur und Umwelt, der petrochemische Energiekonsum ist viel zu hoch, wir kümmern uns nicht darum, was am Ende der Nutzungszeit mit einer Immobilie passiert, und der Mensch mit seinen Bedürfnissen steht schon längst nicht mehr im Zentrum der Betrachtung.

2015 wurden in Paris die 17 Nachhaltigkeitsziele der Uno verabschiedet, womit uns exakt 28 Jahre bleiben bis wir 2050 beim «Netto-Null-Leben» angelangt sein müssen. Wir haben alle 169 Unterziele untersucht und gestaunt, dass ganze 62 Aspekte einen Bezug zum nachhaltigen Bauen aufweisen.

Auf was warten wir noch?

Warum bauen wir immer noch so, als ob uns die Thematik nicht betrifft? Baustoffe und Energie unendlich zur Verfügung stehen, und am Ende alles abgerissen und vergraben oder verbrannt wird? Sollen das «die Anderen» machen?

Die Kernthemen der Baubiologie, die über die letzten 50 Jahre stets angepasst und verfeinert wurden, können dabei helfen, dem Kunden und seinen Planern eine ganzheitliche Betrachtung eines Bauwerks zu ermöglichen. Nur wenn ich allen Aspekten die nötige Aufmerksamkeit schenke, diese prüfe, koordiniere und zu einem Gesamtkonzept zusammenführe, kann ich wirklich von einem nachhaltigen Bau sprechen.

Zukunftsfähiges Bauen bedeutet, dass Bestellerinnen, Fachpersonen und Handwerker gefordert sind, alle gewohnten Arbeitsschritte zu hinterfragen und zu prüfen, ob sie den Kriterien der kreislauffähigen Architektur entsprechen.

Lösungen konsequent umsetzen

Die Lösungen liegen bereit und müssen nun konsequent umgesetzt werden. Wir wissen, wie den solaren Direktgewinn optimal für das Gebäude nutzen, kennen die Qualitäten von nachwachsenden Rohstoffen, beherrschen die Faktoren für ein ausgeglichenes Raumklima und können mehr als 50 Prozent des Stromverbrauchs selber produzieren und fast autark leben.

Qualitativ gute Materialien haben eine lange Lebensdauer, können einfach saniert, repariert und unterhalten werden. Aber Immobilen stehen deutlich über 30 Jahre, so dass wir bereits heute die Vorgaben von Netto-Null für 2050 erfüllen müssen!

7 Schritte zum «Netto Null» bis 2050

  1. Energie: Senken des Energieverbrauches auf 30 kWh pro Quadratmeter Wohnfläche und diesen Bedarf mit 100 Prozent erneuerbarer Energie und CO2-neutral decken.
  2. Kreislauf: 80 Prozent nachwachsende Baustoffe einsetzen, die zu 100 Prozent weiterverwendet werden können. 20 Prozent Baustoffe können dem technischen Kreislauf zugeführt und aufbereitet werden.
  3. Konstruktion: Baudetails so lösen, dass einfach repariert, saniert und am Ende der Lebensdauer sortenrein ausgebaut werden kann.
  4. Materialien: Ökologische Baustoffe verwenden, die die Feuchtigkeit, Geruchsbildung und Akustik unterstützen und so zur Verbesserung der Raumqualität und des Wohlbefindens beitragen.
  5. Fläche: Maximal 35 Quadratmeter Wohnfläche pro Bewohner mit nutzungsflexiblen Räumen.
  6. Gesellschaft: Quartiere mit öffentlich zugänglichen Räumen für sozialen Austausch ermöglichen.
  7. Umwelt: Stadtplanung der kurzen Wege für Fussgänger und Velofahrer.

Zusammengefasst

Nur wenn die Bestellerkompetenz für ein nachhaltiges Pflichtenheft vorhanden ist und die politischen Rahmenbedingungen gesetzt sind, werden von den Fachpersonen entsprechende Bauten geplant, umgesetzt und die Werterhaltung der Immobilie gesichert.

Kreislauf in der Praxis: Führungen und Workshops im KREIS Haus. www.zhaw.ch/iunr/kreishaus

Illustrationsbild: © stock.adobe.com / Petair

 

Autor

Jörg Watter, dipl. Architekt ETH/SIA, Baubiologe und Energieberater, Dozent für Nachhaltiges und Kreislauffähiges Bauen, Inhaber des Architekturbüros oikos & partner gmbh mit Sitz in Thalwil. Tätigkeit im Bereich Beratung, Sanierung, Umbau und Neubau mit Fokus Nachhaltigkeit und Kreislauffähigkeit.
www.oikos.ch