Mit der Energiestrategie 2050 hat die Schweiz sich hohe Ziele gesteckt. Die Kernelemente – der schrittweise Ausstieg aus der Kernenergie sowie die Steigerung der Energieeffizienz und der Anteile erneuerbarer Energien – stellen die Politik, die Energieversorger und die gesamte Bevölkerung vor grosse Herausforderungen.

Der Gebäudebereich nimmt bei der Erreichung der Energieziele eine Schlüsselrolle ein. Gemäss dem Bundesamt für Energie BFE fallen in der Schweiz über 40 Prozent des Energieverbrauchs und rund ein Drittel der klimaschädlichen CO2-Emissionen in diesem Bereich an. Seit 2004 mit dem Label «Energiestadt» ausgezeichnet, legt auch die Stadt Solothurn ein Augenmerk auf bestehende und neue Bauten. Im Rahmen des kommunalen Masterplans Energie hat sich die Stadt eine Reduktion des Energieverbrauchs für Heizung und Warmwasser um 35 Prozent bis 2035 zum Ziel gesetzt. 60 Prozent dieses Verbrauchs sollen zudem durch Abwärme oder erneuerbare Energieträger gedeckt werden.

«Die Politik muss den Umbau des Energiesystems vorantreiben.»

Vermehrt werden Wärmepumpen zum Beheizen von Gebäuden eingesetzt. Parallel dazu wird die Elektromobilität gefördert. Der Stromverbrauch wird deshalb weiter stark steigen. Ohne Zweifel ist der Ausbau von Solar- und Windkraftanlagen unverzichtbar für die künftige Versorgung mit erneuerbarem Strom. Allerdings wird die Energie nicht immer dann benötigt, wenn die Bedingungen zu deren Erzeugung am idealsten sind. Während im Sommer Stromüberschüsse vorhanden sind, werden im Winter Engpässe entstehen, wenn keine saisonalen Speichermöglichkeiten zur Verfügung stehen.

Erfindergeist und mutige, innovative Projekte

Um diese Herausforderungen zu meistern, sind Erfindergeist und mutige, innovative Projekte gefragt. Ein Beispiel ist das Hybridwerk der Regio Energie Solothurn. Seit der Inbetriebnahme im Jahr 2015 verbindet die Anlage die Netze von Strom, Gas, Wasser und Fernwärme miteinander. In diesem konvergenten System kann das Gasnetz die ergänzende Funktion eines Energiespeichers übernehmen. Mit Hilfe eines Elektrolyseurs wird aus saisonal anfallendem Sonnen- und Windstrom Wasserstoff erzeugt. Dieser kann entweder in dosierter Form direkt oder über den Zwischenschritt der Methanisierung uneingeschränkt ins Gasnetz eingespeist werden.

Von 2016 bis Anfang 2020 war das Hybridwerk zudem Teil des internationalen Projekts «STORE&GO», das im Rahmen des EU-Forschungs- und Innovationsprogramms «Horizon 2020» lanciert wurde. An drei Standorten in Deutschland, Italien und der Schweiz wurde die sogenannte Power-to-Gas-Technologie weiterentwickelt. Gemeinsam mit fünf weiteren Projektpartnern wendete die Regio Energie Solothurn in der STORE&GO-Anlage auf ihrem Areal Aarmatt in Zuchwil erfolgreich die biologische Methanisierung an: Archaeen (Urbakterien) erzeugen aus Wasserstoff aus dem Hybridwerk und CO2 von der Abwasserkläranlage ZASE erneuerbares («Bio»-)Gas. Dieses zukunftsweisende Verfahren ermöglicht es, überschüssigen Strom für eine Nutzung zu einem späteren Zeitpunkt langfristig im Gasnetz zu speichern. Es kann als Treibstoff für Fahrzeuge oder zum Beheizen von Gebäuden eingesetzt werden. Gas wird dadurch zunehmend erneuerbar.

Wichtig ist nun, dass die Politik den Umbau des Energiesystems vorantreibt. Damit die Versorgungssicherheit weiterhin gewährleistet ist, darf sie dabei das Gesamtsystem nicht aus den Augen verlieren.

Kurt Fluri ist Nationalrat (FDP), Stadtpräsident von Solothurn und Verwaltungsratspräsident der Regio Energie Solothurn. Das öffentlich-rechtliche Unternehmen beliefert die Stadt und Region mit Strom, Gas, Wärme und Wasser und bietet Dienstleistungen im Bereich Gebäudetechnik an.
Illustrationsbild: Bildagentur PantherMedia/Andriy Popov