In der Schweiz werden neuerdings 1500 Tonnen Malz im neuen Holzbau der Schweizer Mälzerei AG produziert. Der Neubau im aargauischen Wildegg ist ein Leuchtturm für einheimisches Schaffen mit Ressourcen aus der Region.

Den lokal und regional beliebten Schweizer Bierbrauereien ist es nun erstmals seit Jahrzehnten wieder möglich, ihr Malz in der Schweiz zu beziehen. Dies dank Christoph Nyfeler, Gründer und Inhaber der Schweizer Mälzerei AG. Seine Vision: Nutzen von Sonnenenergie, Gerste und Holz aus der Region. Eine Wertschöpfungskette geprägt von Swissness.

Holz aus dem Lenzburger Wald

500 Fichten wurden von Mitarbeitern des ortsansässigen Forstbetriebes Lenzia im rund sieben Kilometern entfernten Wald der Gemeinde Lenzburg gefällt, in einem Umkreis von bloss 15 Kilometern von regionalen Unternehmen verarbeitet und im Tragwerk sowie im Dach und in der Fassadenverkleidung verbaut.
Auch «Käferholz» konnte für den Neubau verwendet werden. Insgesamt wurden 700 Kubikmeter «Lenzburgerholz» verarbeitet und damit rund 700 Tonnen CO2 gespeichert.

Ästhetik mit Holz

Um Passanten das Innenleben der ersten industriellen Mälzerei in der Schweiz zeigen zu können, wurde die Holzskelettbauweise gewählt, das heisst: Grosse in das Fassadenmuster eingepasste Fenster ermöglichen den Blick ins Innere der Produktionsstätte.

Zum Schutz der Holzfassade vor Aussenwelteinflüssen wurden die Fassadenelemente oberflächlich verkohlt und mit Öl stabilisiert; eine ursprünglich aus Japan stammende Technik (Shou Sugi Ban) ohne umweltschädigenden Einfluss.

Eigene Stromproduktion

Die Photovoltaik soll während mehr als 30 Jahren jährlich rund 150 000 kWh Strom liefern. Für den Betrieb der Mälzerei werden etwa 50 Prozent des erzeugten Stromes genutzt. Mit dem überschüssigen Strom können 15 Vier-Personen-Haushalte versorgt werden.

Der Betrieb der Solaranlage basiert auf einem „Anlagen-Contracting“-Vertrag mit der AEW AG, die der Mälzerei AG eine einmalige Anlagenmiete erliess. Ein Beitrag an die Baukosten.

Gerste der kurzen Wege

Im Auftrag der Schweizer Brauereien lieferten Schweizer Landwirte über Jahre rund 1000 Tonnen Braugerste pro Jahr nach Deutschland, wo diese zusammen mit europäischer Braugerste vermälzt wurde. Im Mengenaustauschverfahren fand das «Mischmalz» seinen Weg zurück in die Schweiz.

Christoph Nyfeler, der vom Whisky Business her den Umgang mit Malz kennt, packte die Gelegenheit für eine nachhaltigere Schweizer Lösung, die auf Regionalität setzt. Entsprechend liegen die Gersten-Anbauflächen in der Nähe des Betriebs in Wildegg, und die Transportwege werden so kurz gehalten.

Realisierte Nachhaltigkeit

Rund 80 Prozent der in den Holzbau der Mälzerei investierten Mittel haben im kleinen Umkreis von 16 Kilometern zur Wertschöpfung beigetragen: Waldbesitzer, Säger, Holzleimwerk, Holzbauunternehmer und Atelier Barras Architekten. Alle sind Teil der Wertschöpfungskette.

Im August 2020 startete die Planung des Gebäudes. Weil Holzbauelemente rasches Bauen ermöglichen, konnte die Schweizer Mälzerei AG in Wildegg bereits im November 2021 ihren Betrieb aufnehmen. Eine äusserst eindrückliche Leistung: Nachhaltigkeit nicht bloss auf dem Papier!

Abhängigkeit mit Risiko

Der gesteigerte Bedarf von Holzprodukten aus Europa für China und die USA führte im globalen Holzmarkt zu massiven Preisverwerfungen. Schweizer Holzbauunternehmungen, die ihre Produkte aus Preisgründen seit Jahren im benachbarten Ausland beschafften, sahen sich mit noch nie dagewesenen Preissteigerungen und Lieferschwierigkeiten konfrontiert. Die zunehmende Abhängigkeit schweizerischer Holzbauunternehmungen von Importprodukten wurde offensichtlich. Die Folge des stetigen Abbaus von heimischen Holzverarbeitungsbetrieben.

Autor

Dr. Peter Greminger, Dipl. Forsting. ETH-Z, ist Freund des Schweizer Wald- und Holzes. Sein Motto: «Nachhaltigkeit ist Trumpf!»
pgreminger@bluemail.ch
www.schweizer-mälzerei.ch
www.schaefer-holzbautechnik.ch