Nachhaltiges Bauen erfährt eine weitere Stärkung durch die Kooperation zweier Bildungsorganisationen und eine neue interdisziplinäre Ausbildung für Bau-Experten.

Nachhaltigkeitsthemen finden durch die deutlich spürbaren Klimaveränderungen immer stärkere Beachtung in unserer Gesellschaft. Allerdings ist die Wende noch lange nicht geschafft.

Der jüngste Bericht des Weltklimarats zeigt auf, dass in den nächsten Jahren 3,3 Milliarden Menschen die Folgen der Erderwärmung durch Überschwemmungen, Hitze und Wasserknappheit zu spüren bekommen werden, wenn wir jetzt nicht handeln. Auch die Schweiz ist stark betroffen. Wenn wir so weiterfahren wie bisher, hätten wir Ende des Jahrhunderts nur noch 10 bis 20 Prozent unserer Gletscher aus dem Jahr 2015. Aber wir haben noch eine Chance. Wenn wir die Wende mit der Reduktion des Klimagas-Ausstosses jetzt einleiten, können wir die Erwärmung auf 1,5 Grad begrenzen. Je schneller wir handeln, desto kosteneffizienter wird diese Umstellung auf null CO2-Emissionen. Dies gilt sowohl für den Verkehr als auch für die Bauwirtschaft. Diese ist jetzt besonders gefordert.

Zwar werden teilweise bereits heute vermehrt erneuerbare Energien und nachhaltige Materialien eingesetzt. Aber ein zukunftsfähiges Gebäude sollte kein CO2 mehr ausstossen, sondern selbst Energie produzieren. Immobilien-Standards wie der SNBS stellen Kriterien für Handlungsanleitungen zur Verfügung, wie nachhaltig gebaut werden kann. Weiterbildungen zum nachhaltigen Bauen vermitteln die entsprechenden Kompetenzen.

Kooperationen stärken Nachhaltigkeit in der Baubranche

Nachdem sich im Herbst 2020 bereits acht Berufsverbände zum Verein Nachhaltiges und Baubiologisches Bauen, VNBB, zusammengeschlossen haben, vollzieht das Bildungszentrum Baubiologie nun den nächsten Schritt. Im Februar 2022 wurde mit der Bildungsorganisation sanu ein Kooperationsvertrag unterzeichnet. Neu führt die sanu future learning AG die Geschäftsstelle und organisiert die Kursangebote des Bildungszentrums. Dank dieser Partnerschaft erreichen die Angebote fürs nachhaltige Bauen ein breiteres Publikum und einen grösseren Bekanntheitsgrad. Andererseits wird das Angebot von sanu breiter und attraktiver.

Sowohl der seit über 20 Jahren bewährte Lehrgang mit eidgenössischem Abschluss in Baubiologie als auch der neue Kurs für Expert/innen für das gesunde und nachhaltige Bauen vermitteln interdisziplinäres Fachwissen sowie Selbst- und Sozialkompetenzen (mehr Informationen unter Facts). Die Lehrgänge sind praxisorientiert und berufsbegleitend. Beide Angebote vermitteln einen gesamtheitlichen Blick zum Thema Nachhaltigkeit, ohne eine adäquate Vertiefung in wesentlichen Bereichen wie Material- und Energiekonzepte, Lifecycle-Analysen oder die menschlichen Aspekte zu vernachlässigen.

Interdisziplinärer Lehrgang für Expert/innen nachhaltiges Bauen

Der neue interdisziplinäre Lehrgang für «Expertinnen und Experten gesundes und nachhaltiges Bauen» bietet sowohl Fachleuten mit planerischem als auch mit handwerklichem Hintergrund ein breites Grundlagen- und Detailwissen. Die Absolvent/innen können Investoren beraten, Bauprojekte beurteilen oder Expertisen für Bauschäden erstellen. Expertinnen und Experten sind auch fähig, Innovationen aus der Forschung auf ihre Zukunftsfähigkeit hin zu beurteilen.

Die Interdisziplinarität ist besonders wichtig, wie der ETH Klimaforscher Reto Knutti herausstreicht. Denn für die aktuellen Herausforderungen wie den Klimawandel gibt es nicht immer klar definierte Lösungen. Deshalb wünschte er sich, dass es mehr Menschen gäbe, «die sich auch aus sozialwissenschaftlicher und ethischer Perspektive» mit solchen Problemen beschäftigten. Denn eine zukunftsfähige Baukultur beinhaltet sowohl ökologische Aspekte als auch ökonomische und soziale Kriterien. Zudem ist ein gutes Raumklima zentral, wenn für Menschen gebaut wird. Mit einer derart umfassenden Sicht können die Expertinnen und Experten den Lehrgang abschliessen.

 

Facts

Das Bildungszentrum Baubiologie bietet seit über zwanzig Jahren Weiterbildungen im Bereich des nachhaltigen Bauens an. Im Lehrgang mit Berufsprüfungs-Abschluss «Baubiologin/Baubiologe» werden die Teilnehmenden in die folgenden Themen eingeführt: Gesundheit im Innenraum, Energieeffizienz, Materialkonzepte, Suffizienz, Lebenszykluskosten, Ökobilanzen, Labels, Kommunikation und soziale sowie ökonomische Aspekte. Der berufsbegleitende Fachkurs richtet sich an Planer/-innen und Handwerker/-innen, die in ihrem Fachbereich nachhaltig bauen wollen. Während 27 Kurstagen vermitteln Fachleute Praxiswissen für eine nachhaltige Baukultur. Der Kurs dauert 1 Jahr.

Der neue Lehrgang mit HFP-Abschluss für «Expert/innen gesundes und nachhaltiges Bauen» richtet sich an Planende und Unternehmer mit Vorwissen und Berufserfahrung. Die Themen werden umfassender und vertiefter behandelt. Durch die Zusammenarbeit mit den Berufsverbänden und der ETH Zürich kann das erworbene Wissen in der Praxis angewendet werden. Angestrebt wird, dass Neuentwicklungen aus der Forschung die Chance erhalten, in der Praxis eingesetzt und überprüft zu werden. Der Diplomlehrgang dauert 1 ½ Jahre. Beide Kurse starten im August 2022. Informationen unter: www.bildungszentrumbaubio.ch/angebote/lehrgaenge und www.sanu.ch

Dr. Thea Rauch-Schwegler, Präsidentin, Dozentin Bildungszentrum Baubiologie, ehem. wiss. Mitarbeiterin D-ARCH, ETHZ

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