Kreisläufe zu schliessen, ist in der ressourcenintensiven Bauwirtschaft unabdingbar

Jährlich fallen in der Schweiz rund 85 Millionen Tonnen Bau-Abfall an, mitunter als Resultat der drei- bis viertausend erteilten Abbruchbewilligungen.

Der Ansatz der Kreislaufwirtschaft (KLW) hilft, dieser Ressourcenverschwendung entgegenzuwirken: Indem unter anderem Bauteile wiederverwendet, Gebäude rückbaubar erstellt und ressourcenschonend geplant werden, ist eine längere und effizientere Nutzung ganzer Gebäude, Baumaterialien und Komponenten möglich.

Gebäude als temporäre Ressourcenlager

Um vom Potenzial zur Ressourcenschonung Gebrauch machen zu können, müssen Immobilien neu als Mobilien gedacht werden, gewissermassen als temporäres Ressourcenlager. Das Planen und Erstellen von Gebäuden nach KLW-Grundsätzen erfordert ein anderes Zusammenwirken von Auftraggebenden und -nehmenden. Gemeinsam muss auf eine systematische Ausrichtung des Bauvorhabens auf KLW hingearbeitet werden. So wird eine kreislauffähige Bauplanung bereits nach Suffizienz-Gedanken erstellt (nur bauen, was wirklich nötig ist und dafür so wenig Material verwenden wie möglich), ein maximaler Anteil von wiedereingesetzten Bauteilen angestrebt und die effiziente Weiterverwertung der eingesetzten Materialien bedacht.

Für die weiteren Bauphasen ist das Zusammenspiel der Akteure im Sinne der KLW klar zu definieren. Dadurch können schlussendlich auch in der Bewirtschaftungsphase werterhaltende Massnahmen durchgeführt werden, die das KLW-Potential des Gebäudes unter Umständen sogar noch steigern können (zum Beispiel ermöglicht eine vereinfachte Trennbarkeit der Bauteile in der Herstellung in der Betriebsphase eine effiziente Renovation oder Umnutzung). 

Umsetzbare Teillösungen

Die konsequente Ausrichtung auf kreislauffähige Bauten erfordert noch viel Arbeit. Wer heute bereits ressourcenschonend aktiv werden will, kann von folgenden, umsetzbaren Teillösungen Gebrauch machen:

Auftraggebende:

  • KLW-Kriterien in Ausschreibungen von Neubauten, temporären Gebäuden oder Renovierungen integrieren.
  • Bestandsanalysen ausschreiben: Im Sinne des «Urban Mining» sollen damit potenzielle Rohstoffquellen aufgefunden werden, die als Baumaterial wiederverwendet werden. Zudem können verschiedene Bauteilbörsen genutzt werden, die Angebot und Nachfrage für wiederverwendbare Bauteile zusammenführen. 
  • Lagerkapazitäten bereitstellen oder subventionieren: Die günstige Lagermöglichkeit erleichtert den Wiedereinsatz von Baumaterialien, weil sie die zeitliche Latenz zwischen dem Rückbau eines Gebäudes und der Erstellung des nächsten überbrücken hilft.

Auftragnehmende:

  • Wissensaufbau im Bereich KLW: Dank geschulter Architektinnen und Architekten, Bauplanerinnen und Bauplanern sowie Baumaterial-Herstellenden kann dafür gesorgt werden, dass alle Akteure entlang der Bauphasen die Herausforderungen der KLW meistern und kreislauffähige Bauprojekte umsetzen helfen können. 
  • Herstellende von Baumaterialien sollten Kreislaufdesign-Aspekte integrieren und folglich die Kreislauffähigkeit des Gebäudes erhöhen.
  • Auftragnehmende sollten KLW-förderliche Instrumente wie Plattformen für wiederverwendbare Bauteile oder Gebäuderessourcenpässe berücksichtigen.

Gemeinsame Kommunikations- und Austauschformate:

  • Dialog und Austauschformate sollten von allen Akteuren genutzt werden, um mögliche Hürden der Umsetzung zu senken. Diese Formate müssen teileise erst noch initiiert werden.

Autoren

Antonia Stalder ist Geschäftsführerin von Prozirkula. Das Kompetenzzentrum bringt Kreislaufwirtschaft in die öffentliche Beschaffung. www.prozirkula.ch

Tom Koch ist Co-Bereichsleiter von Rytec Circular. Das Unternehmen ist seit 2015 Pionier in der Umsetzung von Kreislaufwirtschaft in der Privatwirtschaft und bei Organisationen.
www.rytec-circular.ch

Illustrationsbild: Bild: iStockPhoto/ollo