Bund stellt Weiche Richtung Nachhaltigkeit

Wir sind mit positivem Schwung ins neue Jahr gestartet: ein revidiertes Bundesgesetz lässt künftig nachhaltigere Vergaben erwarten. Praxisnahe Instrumente für die Beurteilung und Bewertung der Nachhaltigkeit von Bauten stehen zudem zur Verfügung, seit Kurzem sogar auch für Infrastrukturbauten.

Bezüglich Nachhaltigkeit haben sich dieses Jahr erfreuliche Neuerungen eingestellt. Denn seit Anfang 2021 ist das komplett revidierte Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB) in Kraft. Es soll nach dem Willen des Parlaments einen eigentlichen Kulturwandel bewirken und den bisherigen Preiswettbewerb durch einen Qualitätswettbewerb ersetzen. So wird neu explizit «der wirtschaftliche und der volkswirtschaftlich, ökologisch und sozial nachhaltige Einsatz der öffentlichen Mittel» verlangt und die Nachhaltigkeit dabei ausdrücklich als Zuschlagskriterium genannt.

Mit Zuschlagskriterien lassen sich Angebote voneinander differenzieren, indem für bessere Lösungen mehr Punkte vergeben werden. Damit wird die Qualität stärker gewichtet, was die unliebsamen Folgen des reinen Preiswettbewerbs, wie Standardisierung oder Auslagerung an billigere Produktionsstandorte, unterbinden soll. Gestärkt werden dafür Kompetenzen, mit denen wir auch international bestehen können: innovative und durchdachte Lösungen, die langfristig von Bestand sind. Und genau dazu zählen auch die Aspekte der Nachhaltigkeit.

Neuer Standard für den Bereich Infrastruktur

Beim Bauen richtete sich der Fokus der Nachhaltigkeit während vieler Jahre vor allem auf den Hochbau. Unsere überaus zahlreichen Bauten für Infrastrukturen – für Mobilität, Wasser, Schutz, Energie und Kommunikation – blieben von solchen Betrachtungen dagegen weitgehend ausgeklammert. Einzelaspekte, wie Umweltverträglichkeitsprüfungen, fanden zwar Beachtung, eine umfassende Bewertung aller Bereiche der Nachhaltigkeit fehlte aber. In gesellschaftlicher Hinsicht zeigt zum Beispiel erst eine vertiefte Analyse, ob ein Projekt auch künftigen Generationen einen Nutzen bringt oder nicht.
Das von mehreren Bundesämtern sowie privaten Partnern getragene Netzwerk Nachhaltiges Bauen Schweiz NNBS hat deshalb neben einem Standard für Nachhaltiges Bauen Schweiz (SNBS) im Hochbau auch einen Standard für den Bereich der Infrastruktur erarbeitet und diesen letztes Jahr freigeschaltet. Der SNBS Infrastruktur beurteilt Projekte in allen Phasen von der Planung bis zum Rückbau anhand von Indikatoren aus allen drei Nachhaltigkeitsbereichen Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt sowie aufgrund transversaler Themen. Der Standard ist wie sein Pendant im Hochbau bewusst als Instrument für die tägliche Praxis entwickelt und auch erprobt worden.

Der neue Standard schliesst endlich die seit Langem bestehende Lücke im Infrastrukturbau. Daher empfiehlt denn auch die Koordinationskonferenz der Bau- und Liegenschaftsorgane der öffentlichen Bauherren (KBOB), das neue Zuschlagskriterium der Nachhaltigkeit bei Infrastrukturbauten mit dem SNBS Infrastruktur zu bewerten. Die entsprechende Empfehlung schlägt zudem vor, bei der Vergabe neuer Projekte die Nachhaltigkeit mit einem Gewicht von mindestens fünfzehn Prozent zu berücksichtigen. Damit werden ganzheitliche Betrachtungen und Überlegungen bei neuen Projekten erfreulicherweise einen viel grösseren Stellenwert erhalten.

Joe Luthiger studierte an der Hochschule Luzern Bauingenieurwesen. Seit 2013 ist er Geschäftsführer des Netzwerks Nachhaltiges Bauen Schweiz NNBS. Das Netzwerk hat Standards erarbeitet, mit denen sich die Nachhaltigkeit von Hoch- und Infrastrukturbauten praxisnah beurteilen und bewerten lässt. www.nnbs.ch

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