Bei der Energie sind wir im Neubau schon recht gut unterwegs. Dafür sorgen die Energiegesetze der Kantone und darauf dürfen wir berechtigterweise stolz sein. Nur, eine gute Energieeffizienz alleine macht ein Gebäude noch nicht nachhaltig.

Hierfür braucht es noch weitere Qualitäten wie etwa die Integration ins Quartier, die Anbindung an den öffentlichen Verkehr oder ein Gebäudekonzept, das die Lebenszykluskosten minimiert und die Anpassung an sich ändernde Nutzerbedürfnisse erleichtert.

«Die Nachfrage nach nachhaltigen Bauten ist da.»

Selbstverständlich steigt die Komplexität, wenn zusätzliche Anforderungen an ein Gebäude gestellt werden. Hier können Labels und Standards helfen. Sie liefern die Grundlage dafür, dass an der ökologischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Qualität eines Gebäudes systematisch gearbeitet werden kann. Sie erleichtern nicht nur die Arbeit der Planerinnen und Architekten, sondern helfen auch, auf der Baustelle dafür zu sorgen, dass in der Hektik nichts Wichtiges untergeht. Vor allem aber ermöglichen sie es Bauherrschaften, ein nachhaltiges Gebäude so zu bestellen, dass es die Planenden auch verstehen.

Entscheider an Bord holen

Unter den Fachleuten sind Standards und Labels als Arbeitsinstrumente schon weitum akzeptiert. Viele Investorinnen und Bauherren aber halten das Bauen mit ihnen noch immer für zu kompliziert oder zu teuer. Manche schrecken auch davor zurück, weil ihnen die Erfahrung damit fehlt.

Einige innovative Player im Markt haben die Vorteile des nachhaltigen Bauens längst für sich entdeckt. Das reicht aber nicht. Wenn wir nämlich die Nachhaltigkeitsziele des Bundes erreichen wollen, dann müssen wir die grosse Mehrheit von ihnen mit ins Boot holen. Nur wenn alle an einem Strang ziehen, können wir unseren Gebäudepark in den nächsten 30 Jahren auf den nötigen Stand bringen.

Um die Nachfrage nach nachhaltigen Bauten müssen wir uns derweil keine Sorgen machen. Das zeigt beispielsweise die Studie «Wohnen 2020» von 2017 sehr deutlich (www.wohnen2020.ch):
Sowohl Mieterinnen als auch Interessenten für Wohneigentum wären durchaus bereit, in nachhaltige Immobilien zu investieren. Was fehlt, sind passende Angebote, besonders in urbanen Gebieten.

Zugang erleichtern

Wie also können wir mehr Investorinnen und Bauherren dazu bewegen, nachhaltige Gebäude zu bestellen? Ein wichtiger Ansatz ist, ihnen den Zugang zum Thema so einfach und verständlich wie möglich zu machen. Sie müssen in der Lage sein, sich schon in der strategischen Phase eines Projekts mit Nachhaltigkeit zu befassen, ohne ständig auf die Übersetzungsdienste von Fachleuten angewiesen zu sein. Sie brauchen Planungssicherheit, wollen rasch und zuverlässig einschätzen können, wie ihr Projekt punkto Nachhaltigkeit abschneiden wird und was sich optimieren liesse.

Pre-Check verschafft Überblick

Ein solches Instrument hat die Hochschule Luzern zusammen mit dem Netzwerk Nachhaltiges Bauen Schweiz NNBS kürzlich entwickelt, mit finanzieller Unterstützung des Bundesamts für Energie. Das Instrument heisst «Pre-Check SNBS» und ermöglicht es Nichtfachleuten, sich in weniger als eineinhalb Stunden einen Überblick über das Nachhaltigkeitspotenzial ihres Projekts zu verschaffen. Es zeigt ihnen zudem, wo allfällige Stolpersteine liegen. Der Pre-Check steht gratis zur Verfügung. Wer damit arbeitet, erhält eine gute Basis für die weitere Planung und Realisation eines nachhaltigen Gebäudes, beispielsweise nach SNBS. Es lässt sich aber auch unabhängig von jeglichen Standards und ohne weitere Verpflichtung nutzen. Heruntergeladen werden kann der Pre-Check von www.nnbs.ch. Probieren Sie ihn aus, experimentieren Sie damit und teilen Sie uns Ihre Erfahrungen mit – wir sind ständig daran, ihn zu verbessern.

Urs-Peter Menti ist hauptamtlicher Dozent für Gebäudetechnik sowie Co-Leiter des Instituts für Gebäudetechnik und Energie IGE an der Hochschule Luzern – Technik & Architektur in Horw. Daneben engagiert er sich im Vorstand des Netzwerks Nachhaltiges Bauen Schweiz NNBS. www.nnbs.ch
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