Die Schweiz besitzt eine Million Eigenheime. Viele dieser Gebäude stammen aus den 1960er bis 1980er Jahren und haben einen Sanierungsrückstand.

Ihre Besitzer sind mehrheitlich männlich, über 65 und eher konservativ eingestellt. Sanierungen stehen bei vielen dieser Generation nicht im Vordergrund. Im Falle einer Sanierung gibt man sich mit dem Nötigsten zufrieden und setzt lieber instand, als zu erneuern. Um die Sanierung des Gebäudes sollen sich dann die Enkel kümmern, weil diese im Arbeitsleben stehen und eher eine Hypothek bekommen als ein Rentner ohne zusätzliches Einkommen. Das sind typische Diskussionen mit Schweizer Eigenheimbesitzern.

Die Technik ist da

Das wohl Einfachste, um die Sanierungsquote zu steigern und den Gebäudepark grösstenteils zu dekarbonisieren, ist die Bauteilsanierung. Das Effektivste im Kosten-Nutzen-Verhältnis hierbei ist der Ersatz des fossilen Heizsystems auf ein erneuerbares. Das dekarbonisiert ein Gebäude um 80 Prozent mit einer Investition von weniger als 100 000 Franken.

Je nach Lage und Grösse machen unterschiedliche erneuerbare Heizsysteme Sinn. Dazu zählen Wärmepumpe, Solarthermie, Erdsonden, Holzfeuerungen etc. Der administrative Aufwand dieser Sanierung ist begrenzt. Ausserdem helfen die Installateure meistens mit den Anträgen für Förderung und Anmeldung.

«Die Sanierungsquote muss erhöht werden!»

Das Bundesamt für Energie setzt genau auf diese Thematik mit seinem Programm «erneuerbar heizen». Eine Dämmung unterstützt diese Thematik und bringt alleine schon eine grössere Einsparung. Mit dem Tool «Dämmen nicht nur Malen», das der energie-cluster.ch gemeinsam mit Partnern entwickelt hat, wird gezeigt, was möglich ist, was es kostet und wie die Rendite ist.

Für die Energieerzeugung sollte jedes Haus eine Photovoltaikanlage (PV) oder bei grösseren auch PV-Thermie-Anlage haben. Dies schafft einen Eigenverbrauch und rechnet sich sogar, wenn der Stromüberschuss ins Netz gespiesen wird. Alle Erneuerungen, die darüber hinaus gehen, sind Elemente der Komplettsanierung und der Komfortsteigerung. Diese machen durchaus Sinn, müssen aber renditetechnisch anders betrachtet werden. Die Technik ist also da, um die Sanierungsquote aus ökonomischer Sicht zu erhöhen.

Finanzierungsinstrumente werden gesucht

Die Rendite und Finanzierbarkeit spielt eine entscheidende Rolle. Hier muss etwas gemacht werden, um die Sanierungsquote zu erhöhen. Allerdings sind in diesem Bereich keine weiteren Subventionen oder Steuergeschenke für Sanierungen gemeint. Es geht dabei zum Beispiel um Werkzeuge, damit die Banken den Hausbesitzern die Angst vor einer Hypothekenaufstockung nehmen können.

Eine Möglichkeit wäre dabei, ein Risikofond als Ausfallgarantie für die Banken zu erstellen. Ein weiteres Problem in dieser Diskussion ist die Angst vor der Erhöhung des Eigenmietwertes durch diese Sanierung. Wenn energetische Sanierungen explizit aus dieser Erhöhung rausgenommen werden, könnte das den Eigenheimbesitzern die Angst etwas nehmen.

Das Fingerzeigen muss aufhören

Die wohl grösste Hürde steckt im Kopf der Eigenheimbesitzer. Sie fragen sich, wieso sie CO2 einsparen sollen, wenn China uneingeschränkt emittiert oder die Friday for Future-Bewegung Dekarbonisierung fordert und gleichzeitig Wochenendflüge für wenige Franken angeboten werden. Hier muss das Fingerzeigen auf andere aufhören und dazu übergegangen werden zu: Was ist mein Beitrag, damit die Welt nicht untergeht?

Dr. Frank Kalvelage ist promovierter Elektrotechniker und Geschäftsleiter des energie-cluster.ch. Er beschäftigt sich seit seiner Diplomarbeit mit erneuerbaren Energien, Gebäudeautomatisierung und Innovationsförderung. www.energie-cluster.ch

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