Hierzulande werden jedes Jahr etwa eine halbe Million Tonnen Granit, Marmor und andere Natursteine aus aller Welt importiert. Naturwerksteine sind beliebte ökologische und nachhaltige Baumaterialien, die hauptsächlich zur Herstellung von Fassaden, Böden, Treppen, Küchenarbeitsplatten, Gartengestaltungen und -mobiliar oder Belägen von Stadt- und Dorfplätzen wie auch für die Erhaltung von Baudenkmälern eingesetzt werden.

Aber: Auch wer die Vorzüge weltweit eng vernetzter Handelsbeziehungen grundsätzlich anerkennt, ist gegenüber offensichtlichen Nachteilen der Globalisierung in den letzten beiden Jahren und aufgrund jüngster weltpolitischer Ereignisse hellhöriger geworden. Aufgeschreckt durch die Rohstoffknappheit etwa bei Stahl, Holz und Papier besinnt man sich auch in anderen Branchen vermehrt wieder auf einheimische Produkte. So beispielsweise im Natursteinhandel. Explodierende Transportkosten – etwa von Natursteinen aus China, Brasilien oder Indien in die Schweiz – tragen das ihre dazu bei.

Gute Ergebnisse für Naturwerkstein in Ökobilanzen

Der Trend zu schweizerischen oder zumindest europäischen Naturwerksteinen ist da – und er ist auch berechtigt. Beispielsweise ist die ökologische Performance von Naturwerksteinen bei Bodenbelägen in Innenräumen sehr gut. Dies ist aufgrund ihres geringen Primärenergiebedarfs auch zu erwarten. Rechnet man den Energieaufwand für den Transport mit ein, liegt das Nachhaltigkeitspotenzial von regionalen und lokalen Naturwerksteinen noch offensichtlicher auf der Hand. Der Naturstein-Verband Schweiz NVS hat auch eine Studie mitgetragen, welche die ökologischen Auswirkungen verschiedener Belagskonstruktionen für Strassen, Gehwege und Plätze im Aussenbereich im gesamten Lebenszyklus, von der Produktions- bis zur Nutzungsphase, miteinander vergleicht. Und auch hier schwingt Naturwerkstein im Vergleich zu anderen Bauprodukten oben aus.

Wertschöpfung in der Schweiz

Die Rückbesinnung auf einheimische Naturwerksteine, die nicht ganz so exotisch sind, dafür aber im Einklang mit dem landschaftsbezogenen Bauen stehen, wirkt sich auf die schweizerische Naturwerkstein-Branche mit ihren insgesamt rund 300 Betrieben und 2000 Mitarbeitenden grundsätzlich positiv aus. Diese Entwicklung macht auch aus Gründen der Nachhaltigkeit Sinn. Ein so schweres Baumaterial wie Stein vor seinem Einsatz auf Baustellen erst um die halbe Welt zu transportieren, stösst aus ökologischer Sichtweise bei immer mehr Schweizerinnen und Schweizern auf Kritik. Schliesslich gibt es in der Schweiz auch heute noch genügend leistungsfähige Steinbrüche, die Festgesteine wie Gneis, Granit, Kalkstein, Quarzit oder Sandstein abbauen und verarbeiten. Um aber weiterhin über diese Baustoffe mit einer guten Ökobilanz zu verfügen, muss der Anteil an lokal gewonnenen Naturwerksteinen gehalten oder erhöht werden. Um dies zu ermöglichen, sind alle Beteiligten gefordert, für die bestehenden Nutzungskonflikte angemessene Lösungen zu finden.

Umdenken der öffentlichen Hand

Die hohen Lohnkosten, die hohe Fertigungsqualität und die richtigerweise strengen Vorschriften bezüglich Arbeitssicherheit, Sozialstandards, Landschaftsschutz, Rekultivierung aufgelassener Steinbrüche und so weiter verteuern die Produktion von Naturwerkstein in der Schweiz im Vergleich zum fernen Ausland erheblich. Der NVS setzt deshalb Hoffnungen in die neuen gesetzlichen Grundlagen beim öffentlichen Beschaffungswesen: Nicht nur der Preis alleine darf Massstab aller Dinge sein.

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Autor

Jürg Depierraz ist Geschäftsführer des Naturstein-Verbandes Schweiz NVS, Bern, www.nvs.ch, und Präsident der schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für den Naturstein, Bern,
www.pronaturstein.ch